Falsche Eurorettungspolitik gehört auf den Prüfstand

Zahlen sind in der Politik oft der Gegenstand von Interessen geleiteter Auslegung. Die Durchsetzung bestimmter politischer Projekte wird (unabhängig von den tatsächlichen Notwendigkeiten) mit vermeintlich objektiven Zahlen vorangetrieben. Die den Menschen in den kriselnden Eurostaaten aufgezwungene einseitige Sparpolitik zeigt, wie verheerend die Folgen einer solchen Philosophie sein können.

Urheber dieser einseitigen Sparpolitik war neben den EU-Staats- und Regierungschefs allen voran die aus Bürokraten der Europäischen Kommission, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank bestehende so genannte Troika. Ihre Aufgabe: Sie verhandelt mit kriselnden Eurostaaten wie Griechenland oder Portugal über die politischen Bedingungen, die an Hilfskredite aus dem Euro-Rettungsschirm geknüpft sind. Die Ausgestaltung der Bedingungen erfolgt weitgehend autonom durch die Troika.

Dabei hat sie bisher stets auf Kürzungs- und Sparvorgaben statt auf Wachstumsprogramme gesetzt. Grundlage der Troika-Sparvorgaben waren optimistische Prognosen zur wirtschaftlichen Zukunft kriselnder Länder. Beispiel Griechenland: Die Wirtschaft des Landes sollte 2012 und 2013 angeblich um drei Prozent wachsen – tatsächlich jedoch ist sie um mehr als zehn Prozent geschrumpft. Die Arbeitslosigkeit hingegen ist derzeit fast doppelt so hoch als vormals prognostiziert.

Heute wissen wir: Dem Land wurde eine falsche Therapie auf Grundlage einer falschen Diagnose verschrieben. Um die drakonischen Sparvorgaben einhalten zu können, musste Griechenland immer neue Kürzungen vornehmen. Dadurch rutschte das Land noch tiefer in die Krise, mehr Menschen verloren ihre Jobs, die Wirtschaftskraft schrumpfte und Steuereinnahmen sanken. Das wiederum erschwerte die Erfüllung der Sparziele. Da die Troika keinerlei demokratischer und öffentlicher Kontrolle unterliegt, konnte sie weitgehend unbemerkt auf fehlerhaften Annahmen beruhende Reformen einfordern. Das wirtschaftspolitische Ergebnis: Die Eurorettung wurde und wird in die Länge gezogen, während die Krisenkosten in ganz Europa in die Höhe schnellen.

Diese Praxis einer verselbständigten, unkontrollierten Troika-Politik muss ein Ende haben. Deshalb hat der Wirtschafts- und Währungssausschuss des Europäischen Parlaments auf erhöhten Druck der Sozialdemokraten hin beschlossen, die Arbeit der Troika zu durchleuchten. Unser Ziel: Wir wollen Licht ins Dunkel bringen und herausfinden, welche Fehler bei der Krisenpolitik in Athen, Berlin, Dublin oder Paris begangen worden sind. Denn die Nationalstaaten selbst scheuen diesen Schritt. Sie verweigern sich der europäischen Öffentlichkeit, weil sie die Troika-Politik mitgetragen oder maßgeblich mit gestaltet haben. Die Leidtragenden der Politik waren die Menschen- nicht nur in Griechenland oder Irland. Sie wurden über die Maßen belastet, weil bei der Eurorettung in den Hauptstädten Europas statt intelligenter sowie demokratisch legitimierter Wirtschaftspolitik Panik und ideologische Dogmen regierten.