ACTA: Keine Verletzung unserer Grundrechte

Wenn Sie Ihrem Partner Ihre Lieblingssongs auf CD brennen und als Geschenk mit der Post verschicken, verletzten Sie Urheberrechte. Sollten Sie erwischt werden, haften allerdings nicht Sie, sondern die Post. Die schützt sich dann: Sie dürfen in Zukunft keine Briefe mehr empfangen oder versenden. Klingt verrückt? Wenn es nach den Befürwortern des ACTA-Gesetzes geht, soll dieses fiktive Beispiel aus der analogen Welt bald Wirklichkeit in der digitalen Welt werden. Das Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement; kurz: ACTA) soll geistiges Eigentum und Urheberrechte besser schützen. Die Notwendigkeit, geistiges Eigentum und Innovationen international und gerade auch in der EU zu schützen ist unumstritten.

Doch die anonymen Väter und Mütter des ACTA-Abkommens – der Verhandlungsprozess fand hinter verschlossenen Türen, an Öffentlichkeit und Parlamenten vorbei statt – scheinen auf dem Auge Grundrechte blind gewesen zu sein: Zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sollen unverhältnismäßige Mittel eingesetzt werden können. Zwar werden im Vertragstext Maßnahmen wie Netzsperren oder eine gezielte Internetüberwachung nicht explizit genannt. Der vage und verklausulierte Vertragstext wirft jedoch mehr Fragen auf, als er beantwortet. Fest steht aber: versendet ein Kunde eines Internetanbieters ein urheberrechtlich geschütztes Produkt im Internet, haftet der Anbieter, nicht der Kunde.

Die rechtlichen Risiken so einer Regelung wären völlig unkalkulierbar. Im schlechtesten aller Fälle müssten Internetunternehmen die komplette Kommunikation aller ihrer Kunden vollständig durchleuchten. Bei Verstößen sollen diese ihre Kunden bestrafen: von der Verwarnung bis hin zur Kündigung des Anschlusses im Wiederholungsfall. Und dies ganz ohne rechtsstaatliches Verfahren. All dies muss keineswegs so kommen. Doch der ACTA-Vertragstext schließt so ein Szenario nicht definitiv aus. Daher steht fest: der Ratifizierungsprozess kann ohne eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit und der Parlamente nicht weiter gehen. Wir Sozialdemokraten wollen eine eingehende Analyse und breite Debatte über die rechtlichen Folgen des Abkommens. Klar muss sein: ACTA darf nicht zum Einfallstor für eine willkürliche Überwachung von Internetusern und eine Beschränkung ihrer Rechte werden. Die Meinungsfreiheit und Privatsphäre eines jeden sind fundamentale Grundrechte und müssen unter besonderem Schutz stehen- und zwar analog wie digital!