Europa-SPD lehnt Hinterzimmer-Präsidenten ab

Die SPD-Europaabgeordneten werden keinen EU-Kommissionspräsidenten unterstützen, den die europäischen Parteien nicht vor der Europawahl den Wählern als Spitzenkandidaten aufgestellt hatten.

„Ganz klar: Wir akzeptieren die geplante Wählertäuschung der Konservativen nicht“, sagt Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament. „Die Sozialdemokraten Europas halten es für selbstverständlich, dass die Wählerinnen und Wähler den Chef der Europäischen Kommission, also den EU-Kommissionspräsidenten, mitbestimmen können.“ Dazu müsse das Wahlergebnis respektiert werden. „Es wäre ein Skandal, wenn die Staats- und Regierungschefs nach der Europawahl die Entscheidung der Wähler ignorieren und im Geheimen einen Kommissionspräsidenten auskungeln. Es muss derjenige Kommissionspräsident werden, der Mehrheiten für einen Neustart der Europapolitik im Europaparlament organisieren kann. Alle anderen plötzlichen Vorschläge der Staats- und Regierungschefs werden wir ablehnen.“

Der konservative EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy war kürzlich in einem verräterischen Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ vom Konzept der Spitzenkandidaten abgerückt, weil die Wähler sich angeblich “vor allem von nationalen Interessen leiten” ließen. „Ganz offensichtlich haben die Konservativen ein Problem mit der Demokratisierung der Europäischen Union, die wir mit der Unterstützung von Martin Schulz angestoßen haben“, sagt Udo Bullmann. „Doch der Geist ist aus der Flasche: Die Wähler haben ein Recht darauf, zu wissen, wen sie wählen. Die EVP und mit ihr die CDU/CSU muss sich entscheiden: Ignorieren sie den Willen der Wählerinnen und Wähler oder unterstützen sie deren demokratische Entscheidung.“

Auch Kanzlerin Merkel hatte sich monatelang gegen das Konzept europäischer Spitzenkandidaten gewehrt, bis sie zähneknirschend Jean-Claude Juncker akzeptiert hatte. „Im Vergleich wird besonders deutlich: Die CDU/CSU kann keinen europäischen Wahlkampf“, so Udo Bullmann. „Sie plakatieren überwiegend weder ihren nationalen noch den EU-weiten Spitzenkandidaten, sondern stattdessen Frau Merkel – ein weiterer Versuch, die Leute hinters Licht zu führen. Die Kanzlerin steht am Sonntag überhaupt nicht zur Wahl.”