Demokratie ist immer bedroht

Eine Zeitung steht vor dem Ruin, weil sie die Steueraffäre einer Regierungspartei aufdeckt. Das Urteil: Strafzahlungen wegen politisch unausgewogener Berichterstattung. Ein undenkbarer Fall in Europa? Das vom ungarischen Parlament im Eilverfahren verabschiedete Mediengesetz lässt Böses ahnen. Ein Medienrat soll künftig die Berichterstattung des Landes überwachen. Besonders brisant: das von regierungstreuen Parteimitgliedern dominierte Gremium kann hohe Geldbußen an Zeitungen, Zeitschriften oder Rundfunkbetriebe verhängen. Ausschlaggebend soll sein, wie “ausgewogen” Journalisten berichten.

Das ungarische Mediengesetz ist ein Angriff auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Die Presse hat die Politik zu kontrollieren und nicht umgekehrt. Demokratie und Meinungsfreiheit sind hart erkämpfte Errungenschaften in Europa. Die Ungarn erlebten mit dem Mauerfall vor über zwanzig Jahren einen Befreiungsschlag für die Demokratie und Meinungsvielfalt. Dieses wichtige Gut darf die ungarische Regierung nicht leichtsinnig verspielen. Wie der schwedische Buchautor und Menschenrechtler Stieg Larsson warnte, ist Demokratie nichts auf ewig Errungenes. Jede Generation muss sich aufs Neue dafür einsetzen, in einer freien und demokratischen Gesellschaft zu leben.

Die europäische Kritik an der ungarischen Medienkontrolle fiel scharf aus. Wir Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben den Ministerpräsidenten Orban aufgefordert, das umstrittene Gesetz zurückzuziehen. Auch die EU-Kommission beanstandete das Gesetz und erklärte es als mit EU-Recht unvereinbar. Die Rügen trugen Früchte. Orban scheint sich dem Druck der europäischen Öffentlichkeit zu beugen und signalisierte seine Bereitschaft, das Mediengesetz zu überarbeiten. Grund dafür ist sicherlich auch, dass die Regierung um ihren Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft fürchtet. Jetzt kommt es darauf an, genau zu prüfen, ob die ungarische Regierung Wort hält und Meinungsfreiheit in ihrem Land wiederherstellt.