EuropaNews November 2010

EuropaNews November 2010

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Genossinnen und Genossen,

in Irland frisst der Neoliberalismus gerade seinen Musterschüler. Die unzureichend regulierten Banken auf der grünen Insel haben sich gnadenlos am Immobilienmarkt verspekuliert und sind nun auf staatliche Sicherheiten in Milliardenhöhe angewiesen. Gleichzeitig ist die Unternehmensbesteuerung viel zu niedrig. Das Hilfsersuchen aus Dublin ist daher auch eine Bankrotterklärung der irischen Finanzmarktpolitik. Die sozialdemokratische Fraktion hat klar gemacht, dass es keine Alternative zur Solidarität mit den Iren gibt. Der Euro ist eine Schicksalsgemeinschaft. Daher ist es im Interesse der deutschen Sparer und unserer Exportwirtschaft, Irland nicht absaufen zu lassen. Unsere Solidarität muss jedoch Konsequenzen für die gemeinsame Wirtschaftspolitik haben. Die niedrigen Steuersätze in Irland sind ein Paradebeispiel dafür, dass es nicht ausreicht, sich bei der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf neue Sanktionsmechanismen zu beschränken. Was Europa braucht, sind klare Regeln und Absprachen um derartige Wettläufe um den niedrigsten Steuersatz in Zukunft zu verhindern. Gleichzeitig zeigt der irische Fall, dass wir mit der Regulierung des Bankensektors in Europa noch lange nicht am Ende sind.

Mit besten Grüßen

Udo Bullmann

Kritik an der Lage in der Westsahara

Das EU-Parlament hat mit breiter Mehrheit eine Entschließung zur Lage in der Westsahara verabschiedet. Darin werden die jüngsten Massaker bei der Stürmung und Zerstörung eines Protestcamps durch marokkanische Sicherheitskräfte verurteilt und eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle gefordert. Außerdem kritisiert das Parlament, dass Medienvertreter und unabhängige Beobachter sich nicht selbst vor Ort ein Bild von der Lage machen durften. Auch Europaabgeordneten verweigerten die marokkanischen Behörden den Zugang. Angesichts der massiven Verstöße gegen die Menschenrechte kann die EU – auch vor dem Hintergrund der existierenden Zusammenarbeit mit Marokko – nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Mehr Informationen für Patienten

Patienten sollen mehr Informationen über verschreibungspflichtige Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten erhalten. Das hat das EU-Parlament in erster Lesung beschlossen. Nach dem Willen der Europaabgeordneten erhalten Patienten das Recht und die Möglichkeit, verlässliche Informationen über Krankheiten und Therapien sowie über Inhaltsstoffe, Anwendung und Wirkung ihrer Arzneimittel zu bekommen. Darüber hinaus sollen auch zusätzliche Angaben zu Behandlungsmöglichkeiten verfügbar sein. Das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Medikamente steht jedoch nicht zur Diskussion. Deshalb sollen die zusätzlichen Informationen nicht in Anzeigen veröffentlicht werden, sondern auf speziellen Internetseiten der zuständigen nationalen Behörden einsehbar sein. Wer keinen Computer hat, kann eine gedruckte Version von seinem Arzt oder Apotheker erhalten. Nach der Abstimmung im Parlament ist nun der Ministerrat am Zug.

Weniger Gift in Elektroschrott

Alte Computer, kaputte Handys, ausrangierte Spielkonsolen – die Elektroschrottberge in Europa wachsen. Und mit ihnen die in den Geräten enthaltenen Mengen and Giftstoffen. Dies ist nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern insbesondere auch für die Menschen, die Elektro- und Elektronikgeräte recyceln. Mit Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion hat das EU-Parlament deshalb nun grünes Licht für eine Revision der Elektroschrottrichtlinie gegeben. So wird unter anderem der Geltungsbereich ausgedehnt. Zukünftig fallen alle Elektro- und Elektronikgeräte unter die Richtlinie, die nicht explizit ausgenommen sind. Damit gelten die Vorschriften auch für neue Produkte, die heute noch nicht auf dem Markt sind. Giftstoffe wie Blei, Quecksilber oder Kadmium dürfen dann nicht mehr verarbeitet werden. Die sozialdemokratische Fraktion kritisiert jedoch, dass gefährliche Flammschutzmittel oder Weichmacher bisher nicht in die Richtlinie einbezogen wurden. Daher soll die EU-Kommission innerhalb von drei Jahren weitere Substanzen vorschlagen, die in diesem Zusammenhang verboten werden.

Kein Freibrief mehr für Hedge Fonds und Private Equity

Mit deutlicher Mehrheit hat das EU-Parlament Anfang November die Regulierung alternativer Investmentfondsmanager beschlossen. Damit gelten ab Januar 2011 erstmals einheitliche Regeln für die Verwalter von Hedge Fonds und privaten Kapitalbeteiligungsgesellschaften (Private Equity) in Europa. Ohne den jahrelangen beharrlichen Druck der sozialdemokratischen Fraktion gäbe es heute keine Richtlinie. Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein, um den schwarzen Schafen der Finanzbranche das Wasser abzugraben, aber es ist eben nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. In zähen Verhandlungen und gegen den Widerstand der Mitgliedstaaten, darunter insbesondere Großbritannien und Deutschland, ist es uns gelungen, zentrale Forderungen durchsetzen. So etwa die Vorschriften gegen das Ausplündern von Unternehmen. Für die ersten beiden Jahre nach einer Übernahme muss die Substanz des Zielunternehmens in Zukunft tabu sein. Es steht den Mitgliedstaaten aber frei, bei der Umsetzung der Richtlinie Schutzregeln zu erlassen, die darüber hinausgehen. Hier ist die deutsche Bundesregierung in der Pflicht.