In Krisenzeiten Profil zeigen

Derzeit geben sich die Kandidaten der neuen EU-Kommission im Europäischen Parlament die Klinke in die Hand. Vertragsgemäß müssen alle 26 designierten Kommissare den Europaabgeordneten Rede und Antwort stehen. In dreistündigen Anhörungen werden sie dabei auf Herz und Nieren geprüft. Doch bereits zu Beginn der Befragungen regte sich fraktionsübergreifender Unmut. Noch nicht einmal im Amt, wurde die neue EU-Kommission von Kommissionspräsident José Manuel Barroso bereits auf den kleinsten gemeinsamen Nenner eingeschworen. Keine politischen Debatten bei den Befragungen im Parlament, keine Einlassungen über neue Gesetzesvorhaben und vor allem keine Versprechungen.

Und so präsentierten sich die Kandidaten in den Anhörungen als fleißige aber profillose Musterschüler, die ihr Skript auswendig gelernt hatten. Anstatt kritischen Fragen mit Visionen und politischen Strategien zu begegnen, versuchten viele, uns Volksvertreter mit Worthülsen abzuspeisen und sich hinter dem Programm des Kommissionspräsidenten zu verstecken. Lichtblicke wie der designierte EU-Wettbewerbskommissar, der Sozialdemokrat Joaquín Almunia aus Spanien, oder der designierte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier aus Frankreich, waren die Ausnahme.

Darüber hinaus kristallisierte sich schnell heraus, dass es einigen Kandidaten auffallend an Fachwissen, Integrität und europäischem Engagement mangelt. Negativer Höhepunkt war in diesem Zusammenhang der Auftritt der bulgarischen Kommisarsanwärterin für den Bereich internationale Kooperation und humanitäre Hilfe. Fehlende Sachkenntnis und undurchsichtige Firmenbeteiligungen könnten ihr letztlich zum Verhängnis werden.

In Krisenzeiten brauchen wir starke Kommissare, die den Stillstand der vergangenen Jahre endlich überwinden. Barroso ist daher gefordert, zu reagieren. Wir Sozialdemokraten im Europäischen Parlament werden uns die Zusammensetzung des neuen Kommissionskollegiums sehr genau anschauen, bevor wir abstimmen.