Finanzmarktreform auch gegen Widerstand vorantreiben

Die jüngsten Daten zur globalen Wirtschaftslage machen Hoffnung, die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit sei überwunden. Doch vor allzu großem Jubel ist zu warnen. Denn die großen Herausforderungen liegen noch vor uns. Die Erholung der Weltwirtschaft geht in erster Linie darauf zurück, dass Staaten und Zentralbanken Aberhunderte Milliarden in die Wirtschaft gepumpt haben – und nicht etwa auf die Selbstheilungskräfte der Märkte. Dennoch scheinen an den Börsen die Zeiten vergessen, in denen kollabierende Banken nach staatlichen Eingriffen schrien. Das Kasinodenken der Finanzbranche hält erneut Einkehr. An den Börsen lässt sich auf Kosten der Allgemeinheit wieder gut Geld verdienen.

Es widerstrebt jedem Gerechtigkeitssinn, den Bürgerinnen und Bürgern die finanziellen Lasten einer fremdverschuldeten Krise aufzubürden. Schätzungen zufolge wird in den Industrieländern bis 2010 jeder Zehnte, insgesamt 57 Millionen Menschen, arbeitslos sein. Die in Folge der milliardenschweren Rettungspakete ohnehin bereits angeschlagene Haushaltslage der meisten EU-Staaten wird sich in den kommenden Jahren drastisch verschlechtern.

Ein Weiter so darf es deshalb nicht geben. Die Finanzindustrie gehört grundlegend reformiert und muss an den Kosten für deren Rettung beteiligt werden. Andernfalls laufen die von der Allgemeinheit finanzierten Bankenrettungspakete ins Leere. Finanzhasardeure entziehen sich seit Langem nationalstaatlicher Aufsicht. Umso wichtiger ist es, dass die Staatengemeinschaft in den kommenden Monaten eine internationale Finanzmarktreform durchsetzt.

Die Europäische Union stellte in der vergangenen Woche einen neuen Rahmen der Finanzaufsicht vor und nimmt damit auf internationaler Ebene eine Vorreiterrolle ein. Bei der anstehenden Gesetzgebung wollen die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament einem durchsetzungsfähigen Aufsichtssystem zum Durchbruch verhelfen. Die Regulierung von spekulativen Hedge Fonds und Private Equity, ein weiteres Gesetzespaket der EU, stößt derzeit auf heftigen Widerstand der Hedge Fonds-Lobby. Kräfte eines billionenstarken Wirtschaftszweigs werden mobilisiert, um sich einer umfassenden Kontrolle zu entziehen. Auch hier werden wir für eine lückenlose Finanzmarktregulierung kämpfen. Einen ersten Erfolg hin zu einem transparenten und verantwortungsvollen System konnte das Europäische Parlament im April bei der Regulierung von Ratingagenturen bereits verzeichnen. Daran wollen wir anknüpfen.