EuropaNews Dezember 2014

EuropaNews Dezember 2014

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Genossinnen und Genossen,

das Jahr 2014 ist nun fast zu Ende. Es war ein ereignisreiches Jahr. Weltmeisterschaft, Krisenherde, Jubiläen. Ein Jahr, das von Höhen und Tiefen bestimmt wurde. Aber vor allen Dingen hat 2014 vielen Menschen in Deutschland und Europa Angst gemacht. Wird der Frieden in Europa bestehen oder rutschen wir in einen neuen kalten Krieg? Wie können wir uns gegen Terror schützen? Was können wir tun, damit die Menschen in ganz Europa endlich wieder eine Perspektive haben? Dies sind Fragen, die auch mich beschäftigen.

Leider wird uns von einigen allzu häufig suggeriert, dass die Beantwortung dieser Fragen ganz leicht sei. Populisten und Extremisten sehen darin ihre Chance. Sie bieten einfache Lösungen an und führen manch einen in Versuchung. Und so entsteht mit jeder Krise auch eine neue Gefahr für die Demokratie. Doch ist es an uns, an jedem Einzelnen, dieser Versuchung nicht nachzugeben. Die Rattenfänger der Moderne werden uns nicht helfen, weder gestern, heute noch morgen.

Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit sind keine beliebigen Schlagworte. Sie müssen Grundwerte unseres Denkens sein. Wer diese Werte verinnerlicht, wird schnell verstehen, dass die Beantwortung der Fragen nur aus diesen Grundwerten heraus erfolgen kann. Wenn wir gemeinsam stark sind, können wir uns gegenseitig stützen, Bedürftigen helfen und uns so der Angst entledigen.
Ich wünsche Euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und einen gesunden Rutsch ins neue Jahr.

Mit solidarischen Grüßen

Udo Bullmann

Der Fall Tuĝçe, Weihnachten und was wir uns vornehmen sollten

Zu Weihnachten steigt immer das Spendenaufkommen. Man lädt endlich mal die Freunde ein, mit denen man schon lange einen Abend verbringen wollte. Der Postbote und der Müllmann bekommen eine Kleinigkeit zugesteckt. Es ist richtig so und doch eigentlich schade, dass wir uns für diese guten Taten und die Offenheit unserer Herzen diesen einen Feiertag reserviert haben. Sollten wir uns nicht jeden Tag in Nächstenliebe üben?
Eine junge Frau aus Gelnhausen, Tuĝçe Albayrak, hat uns allen vor kurzem vor Augen geführt, was es heißt, Nächstenliebe immer zu üben – denn Zivilcourage ist nicht nur außerordentliche Hilfsbereitschaft, sondern praktizierte Nächstenliebe, spontan und selbstlos.

Tuĝçe, jeder kennt die Geschichte, hat sich mutig vor zwei Mädchen gestellt, um diese vor Belästigung zu schützen und hat dafür mit ihrem Leben bezahlt. Mitte November, frühmorgens, in einem McDonalds in Offenbach-Kaiserlei. Tuĝçe hat uns gezeigt, dass es nicht den richtigen Ort und den richtigen Zeitpunkt gibt für Nächstenliebe, es gibt nur die richtige Einstellung. Dieses individuelle Handeln schützt unsere gemeinsamen Werte, die Basis unserer Gesellschaft.

Wir brauchen Menschen wie Tuĝçe, um unsere Gesellschaft so zu erhalten und zu gestalten, wie wir sie uns denken: offen, tolerant und demokratisch.

Wie sieht also der 29. Dezember aus? Oder der 13. Januar? Können wir immer noch ein paar Münzen entbehren für den frierenden Obdachlosen? Haben wir den Mut und das Herz, einzugreifen, wenn andere Menschen in Not sind? Das ist es, was wir uns für 2015 vornehmen sollten.

Mein Arbeitspapier zur Investitionslücke in Europa

Dreihundertfünfzehnmilliarden Euro. Schon öfter ist an dieser Stelle diese unvorstellbar hohe Zahl genannt worden. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen, oder auch Juncker-Paket, soll die europäische Wirtschaft ankurbeln und nachhaltig Arbeitsplätze und Wachstum schaffen. Die 315 Mrd. € werden über drei Jahre verteilt, das entspricht aber nur etwa 0,8 % der jährlichen Wirtschaftsleistung der EU. Noch geringer ist der Anteil an öffentlichen Beiträgen im Juncker-Paket. Der Beitrag, den die EU bereitstellt, beläuft sich nur auf etwa 0,05% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Dieser soll dann mit der Hebelwirkung das 15-fache an privaten Investitionen mobilisieren. Und dennoch: Dreihundertfünfzehnmilliarden sind nicht genug, die anhaltende Krise in Europa zu überwinden.

25 Millionen Arbeitslose, ein Investitionsbedarf in Infrastruktur, Breitbandausbau und Energieeffizienz von 2 Billionen Euro und eine schrumpfende industrielle Basis. Das sind die Herausforderungen vor denen Europa steht. Wir Sozialdemokraten hoffen, dass aus dem Paket von Juncker ein wichtiger erster Schritt werden kann und, dass damit das Austeritätsdogma ein Stück weit gebrochen wird. Jedoch glauben wir auch, dass die Ausstattung zu gering ausfällt und zudem verschiedene handwerkliche Schwächen hat.

Ich habe deshalb am 15. Dezember im Ausschuss für Wirtschaft und Währung mein erstes Arbeitspapier als Hauptverantwortlicher des Europaparlaments zum Investitionspaket vorgestellt. Ich fordere die Mitgliedsstaaten auf, das Paket besser auszustatten und ich fordere die Kommission auf, Projekte zu fördern, die den Bedürfnissen der Menschen in Europa wirklich gerecht werden. Das Paket ist eine Chance, wir müssen sie aber entschiedener ergreifen.
Das Video zur Debatte können Sie hier sehen (startet auf der Zeitleiste ab etwa 20:26 Uhr).

Die Palästina-Resolution des EU-Parlaments

130 Länder weltweit haben Palästina bereits als Staat anerkannt. Nach Schweden, Großbritannien und Spanien haben am Mittwoch in Straßburg nun auch wir Europaparlamentarier nachgezogen. Das Europaparlament hat sich mit breiter Mehrheit für die Anerkennung Palästinas ausgesprochen.

Obwohl die Resolution keine bindende Wirkung hat, möchten wir ein Zeichen setzen und den stockenden Friedensprozess wieder anstoßen. Frieden kann aber nicht erzwungen werden. Frieden muss aus dem gegenseitigen Interesse entstehen den Konflikt beizulegen. Er kann nur erfolgen, wenn die berechtigten Interessen beider Parteien Beachtung finden.

Wir unterstützen daher den Wunsch der Palästinenser nach einem eigenen Staat und achten das Sicherheitsbedürfnis Israels. Wir setzen uns für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Die Resolution spricht explizit davon, dass die Anerkennung Palästinas nur Hand in Hand mit Friedensgesprächen gehen kann. Der derzeitige Frieden ist sehr fragil und wir dürfen ihn nicht gefährden. Der Ausbruch der Gewalt im Juli hat gezeigt, wie angespannt die Lage ist und wie schnell die Situation eskalieren kann.