Brüsseler Spitzen - "Blutige Mineralien"

In der letzten Woche hat das Europäische Parlament in Straßburg über eine wichtige neue Verordnung abgestimmt, bei der die Positionen bis zuletzt hart umkämpft waren. Konkret ging es um die Regulierung der sogenannten Konfliktmineralien. Dabei handelt es sich um Rohstoffe wie Tantal, Zinn, Wolfram und Gold. Sie sind wichtige Rohstoffe, die unser tägliches Leben, zum Beispiel durch ihre Verwendung bei der Herstellung vieler Smartphones oder Computer, bestimmen. Allerdings werden mit deren Abbau und Handel häufig brutale Regime und Rebellengruppen finanziert. Die Verordnung setzt jetzt nicht blind darauf den Import aus Konfliktregionen zu verbieten, sondern zielt darauf ab, einen europäischen Markt für verantwortungsvoll gehandelte Rohstoffe aufzubauen. Die auf OECD Leitlinien basierende Regelung führt dazu, dass Risiken in der gesamten Produktionskette identifiziert, verringert und berichtet werden. Somit soll sie nicht nur auf einen Teil der Verarbeitung, nämlich den Import der Rohstoffe, beschränkt bleiben. Auch weiterverarbeitende Firmen werden so in die Verantwortung genommen. Dieser umfassendere Ansatz wird Europas Verantwortung gerecht und setzt darauf, Konfliktfinanzierung durch Rohstoffhandel in Europa wirksam zu beenden.

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission sah lediglich eine freiwillige Selbstzertifizierung der Unternehmen und keine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Herkunft der Rohstoffe vor. Dabei hat die Kommission 2013 durch eine Umfrage selbst festgestellt, dass nur 4% der Unternehmen sich freiwillig einer Offenlegung der Informationen unterziehen. Ein Kompromissvorschlag der Konservativen sah vor, dass nur europäische Hütten und Raffinerien (nur 5% des globalen Handels) in den verpflichtenden Geltungsbereich fallen. Diese hätten dann aber entscheidende Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten insbesondere in Asien gehabt. Außerdem wären dadurch weiterverarbeitende Firmen nicht eingeschlossen und die Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa würden das Leid anderer auch weiterhin unbewusst mitfinanzieren. Die sozialdemokratische Fraktion forderte deshalb eine Ausweitung des Geltungsbereichs zusammen mit der Verpflichtung für alle Unternehmen, die Herkunft der verwendeten Rohstoffe offenzulegen.

Soweit die beiden Fronten. Seit Wochen wurde im Parlament über die Verordnung gestritten, denn die Mehrheitsverhältnisse für dieses wichtige Gesetz waren keineswegs eindeutig. Die Abstimmung im Ausschuss konnte sogar eine liberal-konservative Koalition für sich entscheiden. Ob diese Mehrheit jedoch im Plenum bestand haben sollte, war bis zuletzt unsicher.

Dann ist Mittwoch, der Tag der Abstimmung. Der entscheidende Änderungsantrag wird um 12:31 Uhr abgestimmt. Auf den Monitoren erscheint das Ergebnis. 378:300! Wir haben es geschafft. Die verpflichtenden Regeln zur Informationsoffenlegung werden eingeführt. Ein enorm wichtiger Sieg für uns im Europäischen Parlament, aber ein noch viel wichtigerer für alle Menschen, die weltweit die unter Kriegen leiden, bei denen die Finanzierung durch blutige Mineralien geschieht.

Den Punktsieg haben wir somit zwar gelandet, mit dem Auftrag tritt das Parlament aber nun erst in die Verhandlungen mit der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten zur entsprechenden Gesetzgebung ein. Hier müssen wir unsere Position weiter verteidigen.

Meine Kolumne “Brüsseler Spitzen” erscheint alle 14 Tage im Gelnhäuser Tageblatt und befasst sich mit aktuellen Themen aus Brüssel und Europa