Troika muss sich im Europaparlament für Krisenpolitik verantworten

Leitende Funktionäre der intransparenten Troika weisen die Urheberschaft für die einseitige Kürzungspolitik in den krisengeschüttelten europäischen Staaten von sich. Vize-Kommissionspräsident Olli Rehn wartete bei der Anhörung der Troika am Montagabend in Straßburg mit einer für die Abgeordneten des Wirtschafts- und Währungsausschusses im EU-Parlament überraschenden Antwort auf: Verantwortlich für die Kürzungsprogramme seien immer die Programmländer selbst gewesen, so der Liberale. Sie hätten die entsprechenden Programme unterzeichnet und ihren nationalen Parlamenten zur Abstimmung vorgelegt. Die Urheberschaft hätte so immer eindeutig beim jeweiligen Mitgliedstaat gelegen.

Für einen Untersuchungsbericht zur Arbeit der Troika hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in einer ersten Anhörung Wirtschaftskommissar Olli Rehn befragt. Die Europaabgeordneten des Ausschusses wollten wissen, wie die internen Abstimmungsprozesse in der Troika verlaufen. Wer war zuständig für die Konzeption der Auflagenprogramme in den Programmländern Irland, Griechenland und Portugal? Wie konnte es zu den dramatischen Fehlprognosen über die Folgen von Haushaltseinsparungen und Lohnkürzungen für die ökonomische Entwicklung kommen, die inzwischen selbst vom beteiligten Internationalen Währungsfonds bestätigt werden?

Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten, hielt Rehn entgegen, dass er jetzt schon der zweite zentrale Akteur sei, der jedwede Verantwortung von sich weist. „Wir erinnern uns noch sehr gut an den scheidenden Präsidenten des EU-Finanzministerrates, Jean-Claude Juncker, der in seiner letzten Stellungnahme vor dem Ausschuss bekannt hat, der Rat für Wirtschaft und Finanzen habe sich die Programmauflagen für die kränkelnden EU-Staaten nie so genau angeschaut.“ Udo Bullmann kritisierte die Troika-Politik als „organisierte Unverantwortlichkeit, die nur dann beendet werden kann, wenn das Europäische Parlament Mitsprache- und Kontrollrechte bei Abfassung und Umsetzung der Reformprogramme erhält.“

Der Wirtschaftsexperte bewertet den Versuch des Wirtschaftskommissars, jede Verantwortung von sich zu weisen, als blanken Hohn: “Keine Regierung, die bei Verstand ist, hätte sich in eigener Regie einen derart drastischen Kürzungskurs verordnet, der keinerlei Wachstumsanreize vorsieht. Olli Rehn ist es den Menschen, die noch immer unter der Krise leiden, schuldig, Verantwortung für das Versagen der Troika zu übernehmen oder die Verantwortlichen klar zu benennen.”

Am Dienstag wird der frühere EZB-Präsident Jean-Claude Trichet den Abgeordneten Rede und Antwort stehen, für Mittwoch ist ESM-Chef Klaus Regling ins Straßburger Parlament geladen. Am Donnerstag präsentieren die Abgeordneten die Ergebnisse (8.30 Uhr bis 10 Uhr, Europäisches Parlament in Straßburg, Raum WIC 200).