EuropaNews - März 2016

EuropaNews - März 2016

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Genossinnen und Genossen,

Die Gleichstellung von Frauen und Männern – egal ob im Arbeitsmarkt, in der Politik oder in der Gesellschaft allgemein – ist ein zentrales Anliegen fortschrittlicher Politik. Aus diesem Grund habe ich mich diese Woche besonders darüber gefreut, dass das Europäische Parlament anlässlich des Weltfrauentages einen Bericht verabschiedet hat, der das Thema Frauenrechte und Gleichstellungspolitik aufgreifen und voranbringen will – auch in Extremsituationen. Dieser sogenannte Honeyball-Bericht widmet sich nämlich der Lage weiblicher Flüchtlinge und Asylsuchender in der EU. Mittlerweile sind es vor allem Frauen, die mit ihren Kindern unter oftmals schwersten Bedingungen vor Krieg und Terror zu uns nach Europa fliehen – darauf weisen uns Zahlen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) hin. Leider sieht sich diese Gruppe Schutzsuchender erschreckend häufig tätlichen Angriffen und sexueller Gewalt – bis hin zu Zwangsprostitution und Menschenhandel – ausgesetzt. Die physischen und psychischen Wunden, die solche Übergriffe verursachen, sind verheerend. Um diesem widerwärtigen Treiben entgegen zu treten, macht der Bericht meiner Fraktionskollegin Mary Honeyball eine Reihe von konkreten Vorschlägen. So fordert der Bericht, dass flüchtende Frauen umfangreich über ihre Rechte informiert werden, einen Anspruch auf maßgeschneiderte Hilfeleistungen im Falle von Übergriffen erhalten und ihren Kindern Betreuungsangebote für die Dauer des Asylantragsverfahrens gemacht werden. Alle Flüchtenden, und gerade die besonders gefährdeten unter ihnen, verdienen unsere Solidarität und unseren Schutz. Mit dem Honeyball Bericht macht das Parlament nun konkrete Vorschläge, wie dies auch unter den Bedingungen der aktuellen Flüchtlingssituation zu erreichen ist. Diesen Ansatz wollen wir nun in der Praxis umgesetzt sehen – denn auf dem Spiel stehen hierbei Menschenleben und fundamentale europäische Werte.

Mit solidarischen Grüßen,

Udo Bullmann.

Sondergipfel zu Flüchtlingen mit der Türkei

Am 7. März trafen in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten mit dem türkischen Ministerpräsident Davutoğlu zu einem Sondergipfel zusammen. Gegenstand der Verhandlungen war die künftige Zusammenarbeit zwischen EU und der Türkei in der Flüchtlingspolitik, die beide Seiten vor enorme Herausforderungen stellt. Obwohl konkrete Vereinbarungen erst beim nächsten Gipfeltreffen am 17. und 18. März getroffen werden sollen, zeichnen sich die Konturen dieser Zusammenarbeit bereits ab. So wird sich die Türkei verpflichten, irregulär über ihr Staatsgebiet in die EU eingereiste Flüchtlinge zurückzunehmen, sofern die EU im Gegenzug die gleiche Anzahl Schutzsuchender aus der Türkei auf regulärem Wege aufnimmt. Dafür verpflichtet sich die EU, möglichst bald neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzuschlagen und türkischen Staatsbürgern das visumsfreie Reisen innerhalb der EU zu ermöglichen. Auch finanzielle Zusagen wurden gemacht. So sollen bereits vereinbarte Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Euro schneller fließen und eine weitere Auszahlung in gleicher Höhe zur Finanzierung von Flüchtlingshilfen in der Türkei bereitgestellt werden. Die EU und die Türkei können die aktuelle Herausforderung in der Flüchtlingspolitik nur gemeinsam lösen. Daher ist ein Abkommen mit der Türkei, die 2,2 Millionen Menschen und damit mehr als die gesamte EU auf ihrem Territorium aufgenommen hat, von zentraler Bedeutung. Bei solchen Abkommen darf Europa seine Grundwerte jedoch nicht verraten. Vielmehr muss die Türkei auf den Weg zu nötigen Fortschritten in den Bereichen der Rechtsstaatlichkeit und des Minderheitenschutzes gebracht werden. Die Wiederaufnahme von Beitrittsverhandlungen bietet hierzu die Gelegenheit, da sie die türkische Regierung zu entsprechenden Maßnahmen und Reformen verpflichten.

Gesünderes Essen für europäische Schülerinnen und Schüler

Immer mehr Kinder in der EU werden in ihren frühen Lebensjahren übergewichtig. Um gesunde Ernährung in Europas Schulen zu bringen, hat das Europaparlament am 8. März die Zusammenführung zweier Programme der EU-Kommission, mit denen die Bereitstellung von Obst und Milch in Schulen gefördert werden, mit großer Mehrheit beschlossen. Der Vorschlag, der am vergangenen Dienstag zur Abstimmung stand, war das Ergebnis von harten Verhandlungen mit der Europäischen Kommission. Hierbei konnte sich das Europaparlament in zentralen Punkten durchsetzen: für beide Programme stehen nun insgesamt 250 Millionen Euro zur Verfügung – 20 Millionen mehr als die EU-Kommission ursprünglich geplant hatte. Daneben wurde eine Vereinfachung administrativer Verfahren vereinbart, die dafür sorgen wird, dass mehr mehr als die derzeit 30 Millionen europäischer Schülerinnen und Schüler von den EU-finanzierten Programmen profitieren werden. Als Sozialdemokrat freue ich mich darüber, dass die EU Kindern dazu verhilft, ausgewogene Essgewohnheiten zu entwickeln. Schließlich handelt es sich bei den angesprochenen EU Programmen um eine Investition in die Gesundheit künftiger Generationen Europas.

Demokratische Kontrolle des griechischen Reformverfahrens

Seit mehreren Jahren hält die Lage Griechenlands das politische Europa immer wieder in Atem. Besorgniserregend dabei war nicht nur, dass im Zuge des Ringens um Griechenland tiefe Gräben innerhalb unserer Union zu Tage traten. Auch die weitgehende Monopolisierung der Griechenland-Politik durch bestenfalls indirekt demokratisch legitimierte Institutionen wie die Europäische Kommission, den Internationalen Währungsfonds sowie die Europäische Zentralbank wird von vielen Menschen in Europa – mich eingeschlossen – scharf kritisiert. Nun aber haben die Volksvertreter im Europäischen Parlament auch endlich einen Fuß in der Tür. Im Wirtschafts- und Währungsausschuss wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich vornehmlich mit Griechenland beschäftigt und in der ich – neben 37 anderen Abgeordneten – Mitglied bin. Die konstituierende Sitzung fand am 8.März statt. Die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe geht auf eine Anfrage des griechischen Regierungschefs Tsipras zurück, der beim Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, die Bitte hinterlegt hatte, dass sich das Parlament in die Umsetzung des dritten Reform- und Hilfspakets für Griechenland miteinbringen möge. Konkret soll die Arbeitsgruppe die in das dritte Hilfspaket involvierten Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds und Europäischer Stabilitätsmechanismus) zum Fortgang der Entwicklungen sowie zu Modalitäten des Programms befragen können. Vor Ort muss im Rahmen von Besuchen die Entwicklung verfolgt werden, nach Gesprächen mit Regierung, Opposition und Experten sollen entsprechende Debatten im Wirtschafts- und Währungsausschuss sowie im Plenum des Europäischen Parlaments angestoßen werden. Ziel der Arbeitsgruppe ist es damit, der intransparenten Bürokratenpraxis der Vergangenheit im Rahmen unserer Möglichkeiten ein Ende zu setzen und den Reformvorgängen in Griechenland mehr demokratische Legitimation zu verleihen. Ich freue mich über diese Gelegenheit und hoffe, meinen Beitrag zu dieser wichtigen Aufgabe leisten zu können.

Viel Besuch in Straßburg

Im Laufe dieser Sitzungswoche war viel Besuch in Straßburg. Innerhalb von 72 Stunden waren Gruppen aus der Frankfurter Ernst-Reuter-Schule, von der Europaunion Offenbach und der in Frankfurt ansässigen Europäischen Akademie der Arbeit bei uns in Straßburg zu Gast. Ganz besonders gefreut habe ich mich natürlich über den Besuch der SPD-Unterbezirke Wetterau und Main-Kinzig, deren Mitglieder ich im persönlichen Gespräch auch näher kennenlernen durfte. Insgesamt reisten über hundertfünfzig interessierte und politisch aktive Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichsten Alters nach Straßburg, um hier die europäische Demokratie hautnah zu erleben. Solche Reisen und Begegnungen sind deshalb so wichtig, da das europäische Projekt ohne europabewusste Bürgerinnen und Bürger unmöglich verwirklicht werden kann.

Kein Platz für Rassismus im Europäischen Parlament

Mehrfach schon musste Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) in jüngster Zeit darauf hinweisen, dass er nicht gewillt sei, menschenverachtende und rassistische Äußerungen im Europäischen Parlament zu dulden. Diese Woche war es dann so weit. Am Mittwoch, den 9. März wies Schulz den griechischen Abgeordneten Eleftherios Synadinos mit sofortiger Wirkung aus dem Saal. Synadinos hatte in der Debatte zum EU-Türkei-Gipfel am Vormittag mit rassistischen Bemerkungen eine absolut inakzeptable Haltung an den Tag gelegt. So behauptete Synadinos wörtlich: “die Türken sind geistige Barbaren, gottesverachtend, Schwindler und schmutzig. Der Türke ist wie der Hund, der den Wilden spielt (…). Der einzig effektive Weg mit dem Türken umzugehen, ist mit der Faust und Entschlossenheit”. Solch ein Verhalten und derartige rassistische Beleidigungen haben im Europäischen Parlament keinen Platz. Daher stimme ich vollkommen mit Martin überein, der sich trotz wütender Proteste von Synadinos Parteifreunden von der faschistischen ‘Goldenen Morgenröte’ nicht einschüchtern ließ und Synadinos des Plenarsaals verwies.