"FES-Studie zeigt klare Mehrheit für zielgerichtete Weiterentwicklung der EU"

„Europa rückt zusammen! Brexit-Votum und populistischen Abgesängen zum Trotz macht sich bei den Europäern eine positive Jetzt-erst-recht-Stimmung breit. Daraus ergibt sich eine klare Erwartungshaltung: Die Politik in Europa muss handlungsfähiger und besser werden.“ So interpretiert Udo Bullmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Europäischen Sozialdemokraten und Europabeauftragter des SPD-Parteivorstands, die Ergebnisse einer Acht-Länder-Studie, die die Friedrich-Ebert-Stiftung am Freitag, 18. August, vorgestellt hat. Demnach sprechen sich sechs von zehn Befragten (61 Prozent) für eine Vertiefung der europäischen Integration aus, in Deutschland sind es sogar fast acht von zehn (79 Prozent). „Die Populisten und Nationalisten können ihre europafeindlichen Parolen noch so oft wiederholen. Die deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger durchschaut diese plumpe Diffamierungs-Kampagne und weiß es besser“, sagt Udo Bullmann. „Die Ergebnisse der Befragung können auch als Mahnung an die Staats- und Regierungschefs verstanden werden: Ihre aktuelle Politik des Stillstands und des Durchwurschtelns hat keinen Rückhalt in der Bevölkerung.“

Für die Untersuchung unter dem Titel „Was hält Europa zusammen?“ wurden rund 7000 Menschen in Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden sowie in Spanien, Schweden, Tschechien und der Slowakei interviewt. Demnach erklären 44 Prozent der Befragten, dass sie vor allem Vorteile in der EU-Mitgliedschaft ihres Landes sehen, vor zwei Jahren waren es noch 28 Prozent. In Deutschland sind sogar zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) überzeugt, dass die Vorteile überwiegen – ein Plus von 30 Prozentpunkten gegenüber 2015. „Das zeigt deutlich, dass das Brexit-Votum sowie die vorübergehenden Höhenflüge von Demagogen wie Le Pen und Wilders die Menschen in Europa nicht in ihrem Glauben an eine bessere, gemeinsame Zukunft erschüttern konnten – ganz im Gegenteil“, sagt Udo Bullmann.

Eine unkritische Hurra-Stimmung in Fragen der europäischen Integration fördert die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung jedoch nicht zu Tage. So sprechen sich die befragten Bürgerinnen und Bürger für eine punktuelle Vertiefung der Integration aus, zum Beispiel bei der Besteuerung von multinationalen Unternehmen, zur Gestaltung des digitalen Wandels und in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik. „Dort, wo nationales Handeln an seine Grenzen stößt, Wohlstand und gesellschaftlicher Zusammenhalt sich jedoch durch europäische Politik fördern lassen, erhofft man sich mehr Integration. Europäische Integration ist für die Bürgerinnen und Bürger der Union eben nicht nur ein romantisches Ideal. Vielmehr haben sie konkrete Vorstellungen davon, wie die Union zielgerichtet weiterentwickelt werden kann – nämlich dort, wo dies tatsächlichen Mehrwert und spürbare Verbesserungen im Alltag für alle verspricht.“

Bei der Weiterentwicklung der EU kommen Berlin und Paris besondere Verantwortung zu, wie die Studie belegt. Demnach haben die Befragten besonders viele Erwartungen an Deutschland und an Frankreich. „Ein weiterer Ansporn für uns, für einen Kanzler Martin Schulz zu kämpfen. Sollte das europapolitisch biedere Wahlprogramm der Unionsparteien künftig den Europa-Kompass der Bundesregierung bestimmen, wird weiterhin Politik vorbei an den Wünschen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gemacht.“